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Druidenschüsseln

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Seit Menschengedenken erwecken sie die Aufmerksamkeit der Naturfreunde. Gemeint sind die zahlreichen, schüsselförmigen Aushöhlungen in Granitblöcken, wie sie in den östlichen Waldgebieten und vor allem im Steinwald und Fichtelgebirge zu finden sind.

Der heute überzivilisierte Mensch beachtet kaum mehr die Natur so wie es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Wie sollte er auch – denn wenn er mit seinem sechzehngängigen Mountainbike auf den Wanderwegen unterwegs ist, zählen für ihn hauptsächlich die zu überwindenden Höhenmeter und Schwierigkeitsgrade der Wegstrecke. Rätselhafte Vertiefungen im umliegenden Gestein wären dabei wahrscheinlich das Letzte, das sein Interesse hervorrufen würde.

Doch es gibt sie noch, Menschen mit Sinn für Romantisches und Besonderheiten der Natur. Es sind nicht nut Naturliebhaber und Hobbyarchäologen, die sich mit diesen merkwürdigen Steingebilden befassen. Ernsthafte Geologen, Archäologen und Historiker haben sich bereits mit diesem „Schüsselphänomen“ intensiv auseinandergesetzt und eine Reihe von Fachbeiträgen und Bücher darüber veröffentlicht.

Im Mittelalter glaubte man noch, dass die schüsselartigen Vertiefungen in den Granitsteinen in frühgeschichtlicher Zeit von Menschenhand geschaffen worden seien und zu heidnischen, rituellen Handlungen bestimmt waren. Diese Vorstellung ließ damals kaum Zweifel offen, denn die Vertiefungen sind häufig in einer exakten Schüsselform anzutreffen, die oft zusätzlich eine Überlaufrinne aufweisen. Seit dem 18. Jahrhundert ist man in der Wissenschaft einheitlich der Meinung, dass die so genannten Druiden- oder Opferschüsseln durch natürliche Verwitterung entstanden sind. Hierbei handelt es sich um eine besondere Art der Granitverwitterung, deren komplexe Zusammenhänge wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt sind.

Offensichtlich sind in der ländlichen Bevölkerung, in deren Umgebung solche Verwitterungsformen vorkommen, alldiese geowissenschaftlichen Erkenntnisse bis heute noch nicht gänzlich angekommen. So berichtete man dem Verfasser dieses Beitrags vor einigen Jahren von einem „Teiflsgschpier“ (=Teufelsgesperr), einer Granitsteingruppe am Schwarzenberg einige Kilometer östlich von Maxhütte. „Das sei eine germanische Opferstätte mit einer Blutrinne und einem in Stein gehauenem Behältnis zur Ablage von Tier- und Menschenherzen.“

Es ist bemerkenswert, dass Franz Xaver Schönwerth, der bekannte oberpfälzer Heimatschriftsteller und Sagensammler des 19. Jahrhunderts in seinem aufgezeichneten Volkswissen über eine Vielzahl solcher Örtlichkeiten berichtet: „Die Namen, welche sie tragen, weisen auf ihre Bedeutsamkeit im Heidentum. Zweifelsohne dienten sie einst als Mittelpunkt heidnischen Götterdienstes, als Opferstätte wo Menschenopfer fielen, zugleich aber auch als Gerichtsstätten. Zu diesem Zwecke sind die Sitze für Priester und Richter angebracht, die Mulden für den Leib und die Opfer, die Grübchen und Rinnen für Sammeln und Ablassen des Blutes.“

Die Mehrzahl der Wissenschaftler ist sich darüber einig, dass die besagten Vertiefungen im Stein mit vorgeschichtlichen Ritualen nichts zu tun haben und dass es sich dabei nur um romantischen Volksglauben handle. Aus geologischer Sicht kann man der Ansicht, was den „natürlichen Ursprung“ der Schüsselsteine betrifft, ohne Bedenken zustimmen. Jedoch aus archäologischer, religionswissenschaftlicher und historischer Betrachtung liegt noch vieles im Geheimen und es besteht auch noch reichlich Klärungsbedarf. Offensichtlich hatten selbst die alten Steinhauer ein hohes Maß an Ehrfurcht vor diesen sonderbaren Steinformen und so sind sie für uns erhalten geblieben.



Text:Horst Meinelt Fachwart für Geologie und Landschaftschutz