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Spitzwegerich (Plantago lanceolata)

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Nicht ganz eindeutig ist die Bedeutung von "Wegerich". Der Volkskundler Heinrich Marzell schreibt in seinem großen Lexikon der Deutschen Pflanzennamen, dass es sich einfach um einen Männernamen wie "Guter Heinrich" handle. Andere leiten den Namen vom althochdeutschen Wort "rich" ab, was "König" bedeutet. Wegerich hieße demnach "König des Weges". Nachdem vor allem der sehr robuste Mittlere Wegerich selbst auf befahrenen Wegen gedeiht, erscheint diese Herleitung zumindest sinnvoll.

Den Spitzwegerich findet man allerdings mehr an Wegrändern und in trockenen Wiesen. Seinen Namen verdankt er den spitz zulaufenden, langen, schmalen, aufrecht stehenden Blättern, die eine Bodenrosette bilden. In Abhängigkeit zu den Bedingungen kann die Pflanze zwischen 5 und 60 cm hoch werden. Die Blütezeit reicht von Mai bis September und er ist heute nahezu weltweit anzutreffen.

Verschiedene Wegerich-Arten werden schon seit Jahrtausenden in der Heilkunde genutzt, ganz besonders der Breit- und Spitzwegerich. Der "Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde", der sich auch für die Wahl zur Arzneipflanze 2014 verantwortlich zeigt, hat herausgefunden, dass der Spitzwegerich die stärkste Wirkung besitzt. Seine zahlreichen Inhaltstoffe lassen positive Effekte bei Katarrhen der Atemwege und Entzündungen von Mund- und Rachenschleimhaut sowie bei Wunden erwarten. Pharmakologische Laboruntersuchungen belegen dies.

Von der Pflanze werden ausschließlich die Blätter verwendet. Zu ihren wichtigsten Inhaltsstoffen gehören die Iridoidglykoside wie Aucubin und Catapol, die eine antibakterielle Wirkung zeigen, sowie Schleimstoffe, die reizmildernde Effekte besitzen. Sie bilden eine Art schützenden Film über die Schleimhaut in Mund und Rachen und lindern somit den lästigen Hustenreiz.

Hinzu kommen Gerbstoffe, die zusammenziehend (adstringierend) und blutstillend wirken und somit die Schleimhäute stabilisieren. Weitere Inhaltsstoffe, die wahrscheinlich an der Heilwirkung des Spitzwegerichs beteiligt sein könnten, sind Flavonoide, Kaffeesäurederivate, Saponin, Kieselsäure und Mineralstoffe wie Zink und Kalium. Die positive Wirkung wurde von deutschen und europäischen Kommissionen gegen Schleimhautreizungen und trockenen Husten anerkannt. Äußerlich kann der Spitzwegerich auch bei Entzündungen der Haut angewandt werden. In der Erfahrungs- und Volksmedizin gilt Spitzwegerich seit langem als ein gutes Mittel zur ersten Wundversorgung und bei Insektenstichen.


Seit der Antike im Einsatz:

Von der Antike bis in die Neuzeit hinein galt als wichtigstes Einsatzgebiet des Breit- und Spitzwegerichs die Stillung von Blutungen bei Wunden, in den Luftwegen, im Darm und gegen sehr starke Menstruationsblutungen. Auch andere Verletzungen wie Brandwunden, Insektenstiche und Tierbisse sowie Knochenbrüche werden häufig als Einsatzgebiete genannt. Sogar Shakespeare erwähnt "plantain" (Plantago) mehrfach in seinen Werken als Mittel gegen Hautverletzungen. Daneben spielten die Wegerich-Arten bei der Behandlung von Asthma, Geschwülsten und Geschwüren- insbesondere in der Mundhöhle- eine große Rolle und wurden sogar bei Zahn- und Ohrenschmerzen sowie gegen brennende Augen eingesetzt.
(Quelle: Dr.J.G.Mayer, Uni Würzburg)

Ich denke, dass wir künftig an dieser eher unscheinbaren Pflanze mit mehr Respekt vorbeiwandern werden und uns an einen weisen Spruch Schopenhauers erinnern:

Die Gesundheit überwiegt alle äußeren Güter so sehr, daß ein gesunder Bettler glücklicher ist als ein kranker König.
Haug´sches Hausrezept mit Spitzwegerich:

Insektenstich: Sofort Spitzwegerich etwas quetschen und auf den Stich drücken.

Hustensaft:1 Pfund Wegerich zerkleinern, mit 200 gr. braunen Zucker und ca. 50 ml Wasser in ein fest verschließbares Gefäß geben und mindestens 3-6 Wochen im Boden ( Garten ) vergraben. Danach abseihen, in ein Glas füllen, dunkel und kühl aufbewahren. Über den Winter immer wieder ein kleines Löffelchen zur Vorbeugung einnehmen.

Spitzwegerichsamen: Im Herst den Samen sammeln, trocknen und in einem Glas aufbewahren. Schmeckt prima leicht geröstet in Suppen, z.B. Kartoffelsuppe.



Text: Heribert Haug